Donnerstag, 14. Dezember 2017

Gedanken...

Heute bin ich keine gute Christin.  Das ist mir bewusst. Im Moment liege ich doppelt krank flach... Der Große hat Husten-Halsweh-Schnupfen aus dem Kindergarten mitgebracht... und die Spielgruppe den Magen-Darm-Virus... Zuerst konnte sich mein Körper nicht recht entscheiden, welche Krankheit er gerne hätte, jetzt hat er sich spontan für beide gleichzeitig entschieden. Ich erspare Euch besser die Details... aber das Kranksein gibt mir etwas mehr Zeit zum Nachdenken und auch zum Aufregen. Denn ein paar Sachen haben mich in letzter Zeit wirklich sehr getroffen und wenn es mir (körperlich) schlecht geht bin ich laut Kinder eh leichter grantig...

Ich weiß, ich sollte nachsichtiger sein. Ich sollte meinen Nächsten lieben so wie er ist. Doch gerade in diesem Moment, wo es mir selbsbt so schlecht geht, fällt das unendlich schwer. 

Ich versuche mich auf ein Thema zu beschränken, denn ein paar Dinge machen mich gerade wahnsinnig...  Unmittelbarer Auslöser heute bzw. der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte war eine Nachricht von einer Freundin, doch das Thema "stört" mich schon lange. Aus christlicher und auch aus mütterlicher Sicht. In der Nachricht ging um die knapp eineinhalbjährige Tochter, die grade etwas schlechter essen mag und las: "...drum denke ich, es ist mal wieder eine neue Art Grenzen auszutesten." 

Wenn meine beiden nicht (richtig) essen wollen frage ich:
"Stimmt irgendetwas nicht?"
"Tut dir der Bauch weh?" "Hast du irgendwo Schmerzen?" "Ist dir übel?"
"Ist heute irgendwas schlimmes passiert?" "Ist irgendwas mit dir?"
"bist du traurig?"
...weil das die häufigsten Gründe sind, dass sie nicht essen...
Naja, um ganz ehrlich zu sein frage ich als allererstes:
"Habt ihr wieder bei der Oma (heimlich) was zu essen bekommen uns jetzt bei mir keinen Hunger mehr?"
und das trifft bei 90% der Fälle auch zu.

Ich habe ihr mal vorgeschlagen, das es vielleicht auch ein (Wachstums)Schub sein könnte... da haben meine auch immer weniger Appetit über längere Zeit...

*Ironie on* Ja. Kinder. Sie kommen böse auf die Welt, quälen und testen uns jeden Tag und versuchen unser Leben zur Hölle zu machen, außer wir konditionieren sie wie eine Ratte im Labyrinth oder einen Hund. *Ironie off*

Warum sehen das viele Leute so? und ich kann es wirklich absolut nicht nachvollziehen, egal wie sehr ich auch versuche, deren Standpunkt einzunehmen.
Was ich mir bisher zusammenreimen konnte kommt vor allem aus Gesellschaftlichen Erwartungen an Eltern und Kinder und in christlichem Bezug aus (Miss-)Interpretationen der Bibel, die mir persönlich unverständlich erscheinen...

Dabei am prominentesten ist das Evangelikale Verständnis, dass aus der Englischen Version der Schrift abgeleitet ist. Sowohl die King James Version als auch die Engish Standard Übersetzung schreiben:
Train up a child in the way he should go (...)
Sprüche 22,6
Luther übersetzt das so:
Gewöhne einen Knaben an seinen Weg, so lässt er auch nicht davon, wenn er alt wird. 
Sprüche 22,6 
die Gute Nachricht so:
Bring einem Kind am Anfang seines Lebens gute Gewohnheiten bei, es wird sie auch im Alter nicht vergessen
Sprüche 22,6 
selbst die (katholische) Einheitsübersetzung, von der ich persönlich nicht so der Fan bin,  ließt sich:
Erzieh den Knaben für seinen Lebensweg, dann weicht er auch im Alter nicht davon ab.  
Sprüche 22,6 

Aus diesem, oft leider zusammenhanglos zitierten, Teil der Sprüche entnehmen viele Evangelikale Christen, dass sie nicht den Auftrag zur Erziehung ihrer Kinder haben, sondern diese Trainieren müssen. Im Deutschen kommt das meiner Meinung nicht so rüber, denn gewöhnen, beibringen und erziehen sind Begriffe, die eine Ganz andere Wirkung haben als das "Trainig". Selbst wenn das damals beim Übersetzen vielleicht alles ganz anders beabsichtigt war... 

Anfang des 20. Jahrhunderts erfreute sich die Psychologie an etwas neuem, der Konditionierung. Diese spezielle Art der Abrichtung wurde nicht nur auf Tiere angewandt, sondern in mehr oder weniger prominenten Experimenten auch auf Kinder. Etwa zur Zeit des Dritten Reichs gewannen die durch diese Experimente erworbenen Einsichten Eingang in die Empfehlungen zur Kindererziehung und Ratgeber wurden geschrieben und bis heute verbreitet. Doch warum? Ganz einfach: weil es funktioniert! Es funktioniert und es macht das Leben einfacher. Die so groß gezogenen Kinder sind später folgsame "Soldaten", man kann mit diesen Methoden einfacher mehr Kinder gleichzeitig "erziehen" und man hat selbst mehr Ruhe. 
Doch ist das gut, oder richtig, oder tatsächlich christlich, also das, was Jesus selbst gut gefunden hätte? Wohl ziemlich sicher Nein!

Zur Extremform des Trainings gehört das Babydeckentraining, bei dem das Baby auf seiner Decke bleiben muss und ansonsten bestraft wird. Wenn es das gelernt hat, muss es lernen auch dort zu bleiben selbst wenn es gelockt wird.  Dabei soll der Wille des Babys gebrochen werden, es fügsam werden und Selbstkontrolle erlernen, damit es das Erlernte im Verlauf seines weiterhin anwenden kann. Wie erstrebenswert das auch immer ist. Danach kommen weitere Trainingsprogramme, die teilweise auch bei uns hier beliebt sind, wie Schlaftlernprogramme, Töpfchenlernprogramme, Ehrlichkeitserziehung, Demutserziehung usw.

Dazu wie schädlich ein Schlaftraining ist, vor allem wenn Kinder schreiengelassen werden, könnte ich hunderte von Seiten schreiben. Denn mit meinem Hintergrund in der Entwicklungspsychologie blutet mir jedes Mal das Herz, wenn ich das höre. Außerdem können Kinder schlafen, auch die kleinsten, sie brauchen das nicht zu lernen. Nur weil Erwachsene erwarten, das Kinder zu funktionieren haben, damit sie selbst ihre Ruhe haben und das Kind gefälligst dann genau so viel zu schlafen hat, wie es dem Erwachsenen in den Sinn kommt, heißt das nicht, dass das Kind nicht schlafen kann. 
Die Methoden variieren von sanftem Einschlaftraining hin zur Ferber Methode. Wenn man das wissenschaftlich untersucht, was in den Babys vorgeht, während sie alleine in ihrem Bettchen vor sich hinschreien gibt es eine ganz klare Antwort: sie haben Todesangst. Wenn man Hirnströme misst, aber auch die Hormonellen Veränderungen die währenddessen auftreten haben diese Kinder Todesangst. Zu so einem jungen Zeitpunkt verändert das nicht nur das, was es soll, nämlich, dass sie abstumpfen und von nun an brav alleine in ihrem Bett in ihrem Zimmer schlafen und die Erwachsenen in Ruhe lassen, damit diese nicht mehr den Vorwurf bekommen, dass ihr Kind immer noch nicht durchschläft, dass es wohl verwöhnt wird, sie manipuliere und total unnormal sei.  Es bedeutet auch, dass sich fortan die Hirnentwicklung verändert, die Emotionale Entwicklung verändert, die Bindung zu den Eltern und die Bindungsfähigkeit im späteren Leben verändert...
Babys hören sofort auf zu schreien, wenn ihre Bedürfnisse erfüllt sind. Allerdings hören sie auch auf zu schreien, wenn sie resigniert aufgeben und  sich ihrem unvermeidlichen Schicksal beugen. Doch die Ängste der Kinder und ihre natürlichen Bedürfnisse bleiben. Sie lernen nur schon sehr früh diese zu unterdrücken und nicht zu äußern.
Ich versuche mich wirklich gerade kurz zu fassen, daher höre ich jetzt hiermit lieber auf. Denn es soll ja hier darum gehen, dass mich diese negative Sichtweise vom Kind jedes Mal aufs neue schockiert und darum, warum ich es nicht normal finde, Kinder abzurichten und sie nicht so anzunehmen, wie Gott sie uns geschenkt hat. 


Kinder sind ein Geschenk des Herrn, mit ihnen belohnt er die Seinen.
Psalm 127, 3

Im Deutschen werden diese mehr oder weniger "sanften" Trainingsprogramme oft mit "Lernen" übersetzt und auch heute noch in die "normale" Erziehung viel zu oft implementiert, weil es anscheinend schon immer so war, weil Freunde, Familie und Gesellschaft es erwarten. Da viele den natürlichen Umgang verloren haben und oft schon selbst schon so groß geworden sind, sehen sie nichts schlechtes daran. Denn man selbbst sei ja auch normal, und zufrieden und gut so, wie man ist. Doch gerade Krankheiten wie Depression nehmen zu, wir Menschen werden immer beziehungsunfähiger, unglücklicher und zielloser. Warum? Ein Antwort findet man ganz klar hier, weil wir schon als kleine Kinder das Gefühl von Sicherheit, Glück und Wärme verloren haben. Es wurde abtrainiert. Klar kann man so leben. Klar kann man so überleben. Aber zu viele Menschen heutzutage sind zu unglücklich, zu alleine, zu ziellos, zu krank und jeder sucht die Gründe doch kaum einer schaut auf den Anfang. Eben auch, weil keiner weiß, wie wir geworden wären, wenn wir anders aufgewachsen wären.

unsere Kinder als "Babys"in ihrem natürlichen Lebensraum - auf uns ;)

in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe, 
Epheser 4,2

Doch hat uns Jesus nicht gelehrt zu lieben? Bedingungslos zu lieben, selbst unsere Feinde? Zu verzeihen und barmherzig zu sein? Selbst denen, die es nicht verdient haben? Sanftmütig zu sein.  Freundlich zu sein.

Ja, manche Eltern brauchen Kinder die funktionieren.  Arbeitgeber brauchen Arbeitnehmer, die funktionieren. Die Gesellschaft braucht Menschen die funktionieren. Menschen brauchen nicht glücklich, natürlich, zufrieden  zu sein, solange sie funktionieren, erfolgreich und "normal" sind. Leiden kann man für sich alleine im Stillen, das ist vollkommen ok, solange man die Gesellschaft in Ruhe lässt mit seinem persönlichen Leid.

Doch Menschen brauchen Gott. Nur Menschen, die Jesus nachfolgen, finden Erlösung.

Nach all dem bleibt noch zu sagen: 
Ja, Menschen sind verschieden, was für die einen gut ist, muss nicht notwendigerweise für alle gut sein.
Ja, ich bin ein Mensch. Ich bin nicht vollkommen. Ich bin nicht allwissend. Ich bin nicht Gott. Ich kann nicht in aller Vollständigkeit erkennen was wahrhaftig ist, was gut und richtig ist für alle, in aller Absolutheit. 
Aber auch alle anderen sind nur Menschen, sind nicht vollkommen, nicht allwissend. Nur weil etwas für eine Gesellschaft bequem ist, weil Menschen verlernt haben natürlich zu sein, heißt das nicht, dass das richtig ist. 

Kinder sind ein Geschenk des Herrn. Ihnen gehört das Himmelreich. Sie sind gemacht nach dem Bilde des Herrn. Sie sind rein und unschuldig. Sie manipulieren nicht, sie testen nicht aus. Sie lernen und wachsen und werden zu dem, was Gott für sie geplant hat, wenn wir sie denn lassen. 
Sie sind klein, und können mit dieser neuen Welt, in die sie geworfen wurden, noch nicht viel anfangen. Sie kennen den Geruch der Mutter, ihren Herzschlag, ihre Stimme durch eine Blase an Fruchtwasser und dessen Geschmack, sonst nicht. Sie haben einen Körper, den sie nicht willendlich bewegen können, den sie nicht steuern können und nicht verstehen. Sie kommen in unsere Welt und wissen sonst nichts, können nichts und brauchen uns. Brauchen unsere Wärme, Nähe und Liebe, wollen unseren Geruch riechen, unseren Herzschlag hören, unserer sanften Stimme lauschen. Sie brauchen aber vor allem eins, und das brauchen sie von Anfang an bis ans Ende: sie brauchen Geduld. Denn es ist nicht ihre Schuld, dass wir Eltern gestresst sind, oder müde, oder unglücklich. Sie sind unsere Kinder, unser Geschenk von Gott.
Und ich glaube fest, dass alle Eltern das beste für ihre Kinder wollen. Nur viele lassen sich von Außenstehenden verunsichern was denn das beste sei...

Ich verstehe einfach nicht, wie man so ein negatives Bild vom Kind haben kann. Vor allem verstehe ich nicht, wie man als Christ so ein negatives Bild von irgendjemand, insbebsondere von einem kleinen Kind haben kann...

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